Kanton Linth

Gebiet

Der Kanton Linth setzte sich «aus dem Land Glarus, der Stadt Rapperswil mit Untertanengebiet, den ehemaligen Landvogteien Rheintal (Gebiet südlich des Hirschensprungs mit Rüthi und Lienz), Sax, Gams, Werdenberg, Sargans, Gaster, Uznach, dem oberen Toggenburg (Gebiet östlich der Linie Hemberg-Hummelwald) sowie aus March und Höfe» zusammen. «Hauptort war Glarus. Das Gebiet mit insgesamt 78'000 Einwohnern war in die sieben Distrikte Werdenberg, Mels, Neu St. Johann, Glarus, Schwanden, Schänis und Rapperswil eingeteilt.» 1801 spaltete sich das obere Toggenburg vom Kanton Linth ab.[1]

Quellen

Die Amtskorrespondenz zwischen der Zentralverwaltung respektive dem Kriegsministerium und den Behörden des neuen Kantons Linth war vergleichsweise dicht (siehe dazu «Schriftlichkeit als Verwaltungsprinzip»). Im Zusammenhang mit den verschiedenen Umfragen sind aus dem Kanton Linth folgende im Projekt transkribierte Dokumente überliefert:

  • Mahnung des Kriegsministers vom 30. Dezember 1800, die Klassifizierung nun endlich einzureichen.[2]
  • Klassifikation der Strassen vom 14. Januar 1801.[3]
  • Antwort auf die Umfrage vom 15. Februar 1801.[4]
  • Bericht über die Strassen des Landes Glarus von Melchior Kubli aus dem Jahr 1801.
    Der Strassenbericht von Alt Senator Melchior Kubli aus dem Jahr 1801 ist in einer französischen Version in den Beständen des Kriegsministeriums überliefert. Er wurde im Projekt transkribiert.[5] Die deutsche Version des Berichts, bei dem es sich sehr wahrscheinlich um das Original handelt, wurde von Christoph H. Brunner transkribiert und kommentiert publiziert.[6]

Im Weiteren sind in den Beständen der Division III des Kriegsministeriums zwei Manuskriptkarten überliefert, die Teile des Kantons Linth zeigen:

Ausschnitt aus der 1800 oder 1801 entstandenen Manuskriptkarte «Teil von Graubünden und Glarus». Bei dieser handelte es sich wahrscheinlich um eine Grundlage zur geplanten, aber nicht fertig gestellten Schweizerkarte (vgl. dazu «Raumkenntnisse, Kartenwissen»).

Das Strassennetz des helvetischen Kantons Linth gemäss Klassifikation vom 14. Januar 1801

In der Aufforderung des Kriegsministers an die Kantone vom 18. Oktober 1800, die Strassen zu klassifizieren, im Gesetz vom 22. Oktober 1800 und in folgenden Präzisierungen des Kriegsministers wurde kurz erläutert, was die verschiedenen Klassen auszeichnete:

1. Klasse
Hauptstrassen, die durch Transport grosser Lasten, durch Diligencen und allgemein grosse Frequenzen am meisten mitgenommen werden.

2. Klasse
Strassen, die durch Fuhrwerke des Handelsverkehrs weniger mitgenommen werden, die aber dennoch zu den grossen Strassen gerechnet werden.

3. Klasse
Kommunikationswege, die von den grossen Strassen aus ins Landesinnere führen oder die Regionen untereinander verbinden.

4. Klasse
Gemeindeverbindungen.

Zur Klasseneinteilung siehe auch «Strassenklassen».

Strassennetz gemäss der Klassifizierung der kantonalen Verwaltungskammer vom 14. Januar 1801. (GIS HSE 2018; Relief Imhof 1982)

Das grobmaschige Wegnetz der Klassifikation war noch deutlich vom Umstand geprägt, dass im Kanton Linth verschiedene Gebiete zusammengefasst wurden, deren Wege sich vorher relativ unabhängig voneinander entwickelt hatten und die auch in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen unterhalten worden waren. Dokumentiert wurden nur die wichtigsten Strassen und Wege der einzelnen Regionen, die aber durchaus in bestimmten überregionalen Verkehrsspannungen ihre besondere Ausprägung erhalten hatten. Letzteres betraf folgende Strassen:

  • die überregionale Route von Zürich Richtung Bündner Pässe, die «Strasse nach Italien», die aufgrund der dominanten Bedeutung des Wasserweges als Landweg erst in Walenstadt begann,
  • die Strassen von Glarus nach Zürich, beidseits der Linth,
  • zwei Strassen aus dem Glarnerland respektive von der Linthebene ins Toggenburg und Richtung St. Gallen sowie
  • die Rheintalstrasse über den Schollberg.

Der Kanton Linth wies keine erstklassigen Strassen auf, die mit den Chausseen zwischen Genf und St. Gallen vergleichbar gewesen wären. Das hatte nicht zuletzt den Grund in der grossen Bedeutung des Wasserwegs von Zürichseen Linth und Walensee. Alle oben erwähnten Strassen des Kantons Linth wurden als Strassen zweiter Klasse eingestuft. Strassen, die der Erschliessung von Regionen oder Tälern dienten, wurden in die dritte und vierte Klasse eingeteilt.

Die zweitklassigen Strassen konnten mit Kutschen und schweren Fuhrwerken befahren werden. Bei letzteren handelte es sich in der Regel um Zweispänner mit einem Gewicht von zwei bis zweieinhalb und in der Zeit der Helvetik bis drei Tonnen, Fracht inklusive Wagengewicht.[9] Die dritt- und viertklassigen Strassen waren, wenn überhaupt, nur mit leichten Karren und Wagen befahrbar. In diese beiden Klassen waren im Kanton Linth aber auch einige Wege aufgenommen, die ausschliesslich zu Fuss oder mit Saumtieren benutzt werden konnten. Obwohl grosse Teile des Kantons Linth ausgesprochen gebirgig waren, hatte der Präsident der kantonalen Verwaltungskammer, Joseph François Schorno, darauf verzichtet, auch die Saum- und Fusswege als 5. und 6. Klassen aufzunehmen, wie das beispielsweise die Kantone Oberland und Waldstätten taten. Im Kartenbild der klassifizierten Strassen wird deutlich, dass die dritt- und vor allem die viertklassigen Strassen keinesfalls vollständig aufgenommen wurden.

Der Kanton Linth war mit dem Kanton Waldstätten am stärksten betroffen vom Zweiten Koalitionskrieg. Einen Eindruck der verheerenden Kriegsfolgen vermittelt der im September 1800 verfasste Visitationsbericht des helvetischen Generalinspektors Jean Samuel Guisan.[10] Auch die Zusatzinformationen der Klassifikation zu den Wegzuständen lassen die Kriegsschäden deutlich werden. So enthält beispielsweise der Eintrag für die Strasse von der Linthebene ins Toggenburg (Uznach–Lichtensteig) folgende Information: «Diese Bergstraße hatte von Transport der Kanonen, Munizions und Bagage Wägen a[nn]o 1799 entsezlich gelitten, und wird soeben von den Gemeinden mit großen Kosten möglichst hergestellt.» Und auch die Strasse von Glarus nach Schwanden war stark mitgenommen: «Auch diese Straße war wohl gebaut, da aber seit der Revolution und darauf erfolgten Kriegs Vorfällen die Reparation wie überhaupt im ganzen Kanton vernachläßiget ward, so wird jzt um so mehr zu Herstellung aller derselben erforderet.»



[1] Franz Xaver Bischof. Linth (Kanton), in: HLS, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8632.php  [13. 4. 2018]. Zur Geschichte des Kantons Linth siehe Glaus, Beat. Der Kanton Linth der Helvetik, Schwyz 2005; bezüglich der Gebietsaufteilung die Seiten 1f. und 29f.; zur Distriktsaufteilung in den Quellen vgl. ASHR 2, Nr. 11, 95–96.

[2] CH-BAR#B0#1000/1483#2813#1, p. 191-192 [PDF-S. 194-195].

[3] CH-BAR#B0#1000/1483#3171#1, fol. 179-191v [PDF-S. 331-354].

[4] CH-BAR#B0#1000/1483#3175-02#1, fol. 63-75v [PDF-S. 108-133].

[5] CH-BAR#B0#1000/1483#3171#1, fol. 156-161 [PDF-S. 298-308].

[6] Siehe dazu Christoph H. Brunner. Glarner Geschichte in Geschichten, hg. von Regierung und Landrat des Kantons Glarus, Glarus 2004, 103–117.

[7] CH-BAR#B0#1000/1483#3183#1_0012.

[8] CH-BAR#B0#1000/1483#3183#1_0028.

[9] Über die höchstzulässigen Gewichte vgl. Frey 1932, 56ff.

[10] CH-BAR#B0#1000/1483#3168-05#1, 320-329 [PDF-S.  31-46]; 3168-05_320-329.