Die helvetische Strassenenquête – Weg- und Strassennetze um 1800

Quellen – Transkriptionen – Kommentare – GIS

In der Helvetischen Republik (1798–1803) wandte sich die neue Zentralverwaltung mit Umfragen zu den Strassen- und Verkehrsverhältnissen und mit dem Auftrag an die Kantone, die Strassen nach Kommunikationsbedeutung und Verkehrsaufkommen zu klassifizieren. In dieser Logik sollten sie unter der Leitung der im Herbst 1798 gebildeten Division III des Kriegsministeriums für Genie-, Strassen- und Brückenwesen unterhalten werden. Die Umfragen und die vor- und nachgelagerten Schriftwechsel waren Gegenstand eines SNF-Projekts, das 2014 begann und im April 2019 abgeschlossen wurde.

Die Umfragen gewähren einen einmaligen Einblick in die Strassen- und Wegverhältnisse des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Sie lassen aber auch Schlüsse auf die säkularen Prozesse des landwirtschaftlichen Strukturwandels, der Umgestaltung der Austauschbeziehungen, der beginnenden Industrialisierung, der Marktintegration und nicht zuletzt der modernen Staatstätigkeit zu. In diesen waren die Strassen bedeutende Faktoren.

Erste Seite (Ausschnitt) der Klassifikation des Kantons Waldstätten aus dem Jahr 1801.[1]

Die helvetische Strassenenquête und weitere Erhebungen der helvetischen Verwaltung zum Strassenwesen sind ein wichtiger Fundus für die Verkehrsgeschichte und für die Geschichte der Helvetik. Im Zentrum des Projekts steht das Strassenwesen um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, das anhand dieser Quellen rekonstruiert und detailliert beschrieben werden kann. Die helvetische Strassenaufnahme erlaubt einen Blick zurück in jene Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in der erst wenige Strassen als sogenannte Chausseen ausgebaut waren und noch ungefähr die Hälfte aller Wege nur zu Fuss oder mit Reit- und Saumtieren bewältigt werden konnten. Zudem war sie selbst ein Element jener grundlegenden Erneuerung der Strasseninfrastruktur, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts international in einer bemerkenswerten Parallelität begonnen hatte und die in der Schweiz Teil des vielschichtig erfolgenden Übergangs von den Standesherrschaften des Ancien Régime zu modernen Verwaltungsstrukturen und der Intensivierung der regionalen und überregionalen Raumbezüge war. Nebst verkehrsgeschichtlichen Resultaten bieten die helvetischen Akten zum Strassenwesen auch weiterführende Einblicke in das Funktionieren der helvetischen Verwaltung, in ihre Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden und allgemein in die Verwaltungsmodernisierung.

Projektziele waren:

  • die Sichtung und Dokumentation des Quellenfundus,
  • die Transkription wichtiger Einzelquellen und Quellen(teil)bestände,
  • die Rekonstruktion der Strassen- und Wegnetze sowie der Verkehrsverhältnisse des ausgehenden 18. Jahrhunderts,
  • die Integration der erhobenen Daten in ein Geografisches Informationssystem,
  • die Identifikation und Analyse der regionalen Unterschiede,
  • die verkehrs- und verwaltungsgeschichtliche Interpretation der Projektresultate,
  • der Aufbau einer Website und die Online-Publikation der Projektresultate.

Die Website www.strassenenquete.ch bietet verschiedene Zugänge zu den Projektresultaten:

Wir haben die Geschichte der Helvetischen Strassenenquête auch in einem längeren Text dokumentiert, aus dem wir auch die Web-Texte entwickelt haben. [Link zur Studie].

 



[1] CH-BAR#B0#1000/1483#3171#1, fol. 238 [PDF-S. 435].