Kanton Freiburg

Gebiet

Der Kanton Freiburg wurde in den helvetischen Anfängen kurzzeitig zum Kanton Sarine et Broye. Die im Frühjahr 1798 vorgenommene Gebietseinteilung des Kantons Freiburg umfasste «das Murtenbiet und die gesamte waadtländisch-freiburgische Broyeregion». Das Kantonsgebiet hatte damit eine grössere, geschlossenere Ausdehnung als vor und nach der Helvetik.[1]

Die helvetische Gebietseinteilung vom 30. Mai 1798 führte zu verschiedenen Veränderungen des Territoriums. Sie betrafen Schwarzenburg, das Gebiet südlich des Murtensees und das Grenzgebiet zum neuen Kanton Léman. Während Murten zum Kanton Freiburg kam, wurde das Schwarzenburgische, die bisher gemeinsame Vogtei der Städte Bern und Freiburg, ganz Bern zugeschlagen.[2] Die Einteilung schuf die zwölf Distrikte Fribourg, Schmitten, La Roche, Gruyère, Bulle, Châtel St. Denis, Rue, Romont, Estavayer le lac, Payerne, Avenches und Morat.[3] Die Distrikte Avenches und Payerne wurden am 25. Mai 1802 wieder der Waadt zugeteilt, zu der sie zur Zeit des Ancien Régime schon gehört hatten, was zum alten «Puzzle der Broye-Enklaven» zurückführte.[4] Der im Projekt erfasste Gebietsstand zeigt den Kanton, wie er zwischen Mai 1798 und Mai 1802 bestand. Auf dieses Territorium bezogen sich die im Projekt transkribierten Dokumente.

Die Karten helvetischer Gebietsstände zeigen den Grenzverlauf zwischen den Kantonen Freiburg und Léman südöstlich von Yverdon unterschiedlich. Dort bestand gemäss der helvetischen Gebietsaufteilung nicht zwei respektive keine, sondern nur eine einzige freiburgische Enklave. Die Gemeinde Sassel gehörte gemäss der Liste der Distrikte und Gemeinden zum Kanton Freiburg.[5] Diese Situation wird durch Mallets «Carte de Suisse» von 1798 bestätigt, die dann allerdings die tatsächlich noch bestehende Enklave von Vuissens nicht zeigt. In gewisser Weise wird aber auch Mallets Aufnahme bestätigt, indem die Strasse von Vuissens tatsächlich in der Klassifikation des Kantons Léman aufgeführt war. Es besteht also die Möglichkeit, dass es sich hier um eine der zahlreichen Widersprüchlichkeiten der helvetischen Raumaufteilung handelte.

Ausschnitt aus der Schweizerkarte von Mallet 1798 (oben) und der im Projekt rekonstruierte Grenzverlauf zwischen den Kantonen Freiburg und Léman. (Unten: GIS HSE 2018; Kartengrundlage: Dufourkarte, 2. Auflage)

Quellen

Die Korrespondenzen zwischen dem Kanton und der helvetischen Zentralverwaltung waren vergleichsweise dicht (siehe dazu «Schriftlichkeit als Verwaltungsprinzip»). Im Zusammenhang mit den verschiedenen Umfragen sind aus dem Kanton Freiburg folgende im Projekt transkribierte Dokumente überliefert:

  • Klassifikation in der Hauptstrassenliste von 1798/1799[6]
  • Bericht über die Brücken und Strassen des Kantons Freiburg vom 14. Mai 1799[7]
  • Brückentabelle vom 9. Juli 1799[8]
  • Antwort vom 25. Oktober 1800 auf die Vernehmlassung des Kriegsministers vom 20. September 1800 bezüglich einer Neuordnung des Strassenwesens[9]
  • Mahnung des Kriegsministers vom 11. November 1800 bezüglich der Klassifikation[10]
  • Rückmeldung des Kriegsministers vom 13. Dezember 1800 auf die am 23. Oktober 1800 eingegangene Klassifikation[11]
  • Schreiben des Kriegsministers an den Préfet national vom 13. Dezember 1800[12]
  • Schreiben des Kriegsministers an den Strassen- und Brückeninspektor vom 26. Mai 1801[13]

Im Weiteren sind in den Beständen der Division III des Kriegsministeriums diverse Karten und Pläne überliefert, die den Kanton Freiburg zeigen; darunter sind:

  • «Carte Topographique de la Grande Route de Berne à Genève» […] par P[ierre] Bel, 1783[14]
  • «Carte de la Suisse Romande» […] par H[enri] Mallet, 1781[15]

Das Strassennetz des Kantons Freiburg gemäss der Klassifikationen von 1799 und 1800

Aus dem Kanton Freiburg ist keine Klassifikation überliefert, die direkt auf die Umfrage vom 18. Oktober 1800 antwortete.[16] Wir nehmen an, dass der kantonale Strasseninspektor oder die Mitglieder der kantonalen Verwaltungskammer davon ausgingen, dass die schon 1799 eingesandten Listen und die Angaben in der Vernehmlassung vom 15. September 1800 genügten. In ersteren wurde allerdings nicht numerisch klassifiziert. Der Bericht über die Brücken und Strassen des Kantons Freiburg vom 14. Mai 1799 unterschied «Grandes Routes», «Routes» und «Chemins». Aufgrund der Rückmeldung des Kriegsministers vom 13. Dezember 1800 können sie der ersten bis dritten Klasse zugeordnet werden.

In der Umfrage des Kriegsministers vom 18. Oktober 1800, im Gesetz vom 22. Oktober 1800 und in folgenden Präzisierungen des Kriegsministers wurde kurz erläutert, was die verschiedenen Klassen auszeichnete:

1. Klasse
Hauptstrassen, die durch Transport grosser Lasten, durch Diligencen und allgemein grosse Frequenzen am meisten mitgenommen werden.

2. Klasse
Wege, die durch Fuhrwerke des Handelsverkehrs weniger mitgenommen werden, die aber dennoch zu den grossen Strassen gerechnet werden.

3. Klasse
Kommunikationswege, die von den grossen Strassen aus ins Landesinnere führen oder die Regionen untereinander verbinden.

4. Klasse
Gemeindeverbindungen.

Zur Klasseneinteilung siehe auch «Strassenklassen».

Das Strassennetz des Kantons Freiburg anhand des Berichts über die Brücken und Strassen des Kantons Freiburg vom 14. Mai 1799. (GIS HSE 2018; Relief Imhof 1982)

Das Strassennetz nach der Rückmeldung des Kriegsministers vom 13. Dezember 1800. (GIS HSE 2018; Relief Imhof 1982)

Mit der Rückmeldung des Kriegsministers wurde die Strasse Bern-Freiburg-Vevey nicht als erst-, sondern mit den Argumenten des geringeren Ausbaustandards und des geringeren Verkehrsaufkommens auf dieser als zweitklassig eingestuft. Die Fortsetzung der Strasse im Kanton Waadt blieb aber widersprüchlicher Weise erstklassig.

Alle klassifizierten Strassen waren fahrbar, die erste und die zweite Klasse mit Kutschen und schweren Fuhrwerken. Letztere waren in der Regel Zweispänner mit einem Gewicht von zwei bis zweieinhalb und in der Zeit der Helvetik bis drei Tonnen, Fracht inklusive Wagengewicht.[17] Die drittklassigen Strassen waren mit leichten Karren und Wagen befahrbar.

Weitere Quellen

Aus dem Kanton Freiburg ist aus dem Vorfeld der Strassenumfrage vom Oktober 1800 ein weiterer, interessanter Quellenbestand überliefert, der im Projekt nicht transkribiert wurde. Erika Flückiger Strebel hat diesen gesichtet und beschrieben: «Im Kanton Freiburg wiederum entwickelte der initiative kantonale Strasseninspektor Pierre Bel basierend auf der Erfassung der bisherigen kommunalen Unterhaltspflichten ein System, wie der Unterhalt der grossen Hauptstrassen ohne zusätzliche Belastung der staatlichen Finanzen gerechter verteilt werden könnte. Gemäss seinem Vorschlag sollte sich jede Gemeinde des Kantons am Unterhalt der grossen Hauptstrassen beteiligen, ungeachtet, ob diese ihr Gebiet tangierten oder nicht. Die Unterhaltspflicht bemass er an der Zahl der in der Gemeinde vorhandenen Zugtiere. Mit diesem einfachen und leicht messbaren Verteilschlüssel hoffte Bel wohl auf geringeren Widerstand der Gemeinden, da diese rein rechnerische Lösung auf den ersten Blick als gerechte Lastenverteilung erscheinen musste. Das dicke Dossier mit Protestbriefen freiburgischer Gemeinden, die sich mit dem Hinweis auf althergebrachte, durch die frühere Herrschaft ausgestellte Befreiungen gegen eine allgemeine Unterhaltspflicht zur Wehr setzten, zeugen aber von der Schwierigkeit, eine für alle Betroffenen gerechte und akzeptable Umverteilung der Lasten zu erreichen. Daneben liefert das Dossier Einblicke in das noch weitgehend feudale System des Strassenunterhalts und in die Argumentationsmuster von Gemeinden, Staat und Grundherren.»[18]

Literatur

Babaiantz, Christophe. L’organisation bernoise des transports en pays romand (XVIIIe siècle), Lausanne 1961.

Dorand, Jean-Pierre. La politique des transports de l’Etat de Fribourg (1803–1971), 2 t., Fribourg 1996.

 

[1] Artikel «Freiburg (Kanton)», HLS, https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007379 [23. 7. 2018].

[2] Muralt, Hanna. Die Frage der Regionenbildung im Kanton Bern, Bern 1983, 72f.

[3] ASHR 1, Nr. 174, 1196–1199.

[4] Artikel «Freiburg (Kanton)», HLS, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7379.php [23. 7. 2018].

[5] CH-BAR#B0#1000/1483#3168-04#1, fol. 211–227 [PDF-S. 1-32].

[6] CH-BAR#B0#1000/1483#3171#1, fol. 1-30 [PDF-S. 1-57]; die Freiburg betreffenden Angaben, fol. 10v-13.

[7] CH-BAR#B0#1000/1483#3169#1, fol. 102-106v, [PDF-S. 194-204].

[8] CH-BAR#B0#1000/1483#3174#1, fol. 39-42 [PDF-S. 64-70].

[9] CH-BAR#B0#1000/1483#3158#1, fol. 89-92 [PDF-S. 144-150].

[10] CH-BAR#B0#1000/1483#2813#1, p. 155 [PDF-S. 158].

[11] CH-BAR#B0#1000/1483#2813#1, p. 167-169 [PDF-S. 170-172].

[12] CH-BAR#B0#1000/1483#2813#1, p. 167 [PDF-S. 170].

[13] CH-BAR#B0#1000/1483#2814#1, p. 129 [PDF-S. 131].

[14] CH-BAR#B0#1000/1483#3173-01#1 fol. 6–23 [PDF-S. 10–28].

[15] CH-BAR#B0#1000/1483#3186#1_0025. Diese Karte zeigt nur Teile des Kantons.

[16] Weder im Bundesarchiv noch im Staatsarchiv des Kantons Freiburg findet sich eine solche.

[17] Über die höchstzulässigen Gewichte vgl. Frey 1932, 56ff.

[18] Flückiger Strebel 2011, 9. Die Autorin bezieht sich unter anderem auf die Dokumente CH-BAR#B0#1000/1483#3170#1, fol. 19-34v [PDF 31-56], die unter dem Titel: «Repartition des Chemins du Canton de Frybourg» zusammengefasst sind.