Um die Verwaltungsprozesse verstehen zu können, ist es erforderlich, die Organe der Helvetischen Republik und die Funktionsaufteilung zwischen der helvetischen Regierung und der Zentralverwaltung kurz zu skizzieren. Wir beschränken uns dabei auf den Zeitraum, in welchem die Umfragen stattfanden, das heisst auf die Jahre 1799 bis Frühjahr 1801.
Das Direktorium – zeitweise Commission Executive respektive Vollziehungsausschuss genannt – war die oberste exekutive Gewalt. Es ernannte die Minister. Diese gehörten dem Direktorium aber nicht an. Von 1798 bis 1801 bildeten die Ministerien die Zentralverwaltung, so das Ministerium für Justiz und Polizei, das Ministerium der öffentlichen Erziehung, später Ministerium der Künste und Wissenschaften genannt, die Ministerien des Innern und der Finanzen, das Ministerium des Krieges.[1]
Das Funktionieren der Regierung ist aus einem Bericht der Senatskommission vom 25. Juli 1799 überliefert: «Das Directorium fasst in seinen alltäglichen, gewöhnlich 8 Stunden lang dauernden Sitzungen 50-80 Beschlüsse mit Inbegriff der Depeschen […]. Viele dieser Beschlüsse und Depeschen sind dringend und müssen also auf der Stelle oder im Laufe des Tages, alle aber innert 24 Stunden verfertigt werden […]. 4 Secretärs sind gewöhnlich den ganzen Tag, von 7 Uhr morgens bis 8 Uhr Abends, nicht selten auch einen Theil der Nacht hindurch beschäftigt.»[2]
Die Minister nahmen alle zwei Tage mindestens eine Stunde an den Sitzungen des Direktoriums teil, um dort ihre Geschäfte zu vertreten. Von diesen Sitzungen trugen sie die Beschlüsse und Weisungen in den eigenen Verwaltungsbereich, wo diese umgesetzt werden sollten. Im Falle hoher Dringlichkeit wurden die Minister ausserordentlich beigezogen.[3]
Fankhauser sah im Direktorialsystem mit der strikten Trennung von Regierung und Verwaltung eine der Schwächen der helvetischen Regierungsform. Beim Direktorium lief alles zusammen, das Grosse und das Kleine: «Die Mitglieder des fünfköpfigen VolIziehungsdirektoriums hatten keine Verwaltungsfunktionen auszuüben, sie sollten sich ganz der Leitung der Staatsgeschäfte widmen können. Deshalb fehlte im Regierungskollegium eine Ressortverteilung. Das Direktorialsystem bewirkte jedoch sehr rasch die völlige Überlastung der Exekutive, die zu viel an sich zog und zu wenig delegierte.»[4] Dieses Nebeneinander von grossen und kleinen Geschäften beschränkte sich jedoch nicht nur auf das Direktorium, es setzte sich in der Zentralverwaltung und konkret in der Strassen- und Brückenverwaltung fort.
Gemäss Fankhauser waren «die Ministerien […] im Allgemeinen in Divisionen, Abteilungen oder Büros und diese manchmal in Sektionen gegliedert. Die Anzahl der Divisionen und Sektionen sagte nichts über die Grösse eines Ministeriums aus, oft bestanden die Unterabteilungen bloss aus einem einzigen Beamten. […].» Trotz der eigentlich klaren Strukturvorgabe war die Zentralverwaltung zwischen 1798 und 1803 «in stetiger Veränderung begriffen».[5] Alles war provisorisch, die Regierung war provisorisch, der Verwaltungsaufbau war provisorisch, die Beamten der Ministerien waren provisorisch, die Entscheide galten provisorisch.[6]
[1] Fankhauser, Andreas. Die Zentralbehörden des helvetischen Einheitsstaates. Organisation und Funktionieren, in: Helvetik – Neue Ansätze, Itinera 15, Basel 1993, 40: «Die Verfassung von Malmaison vom 29. Mai 1801, die nach dem Staatsstreich vom 27./28. Oktober 1801 hinsichtlich der Zentralbehörden in Kraft gesetzt wurde, reduzierte die Zahl der Verwaltungszweige auf vier: ‹Innere Angelegenheiten›, ‹Rechtspflege›, ‹Finanzen› und ‹Krieg›. Das Ministerium der Künste und Wissenschaften wurde aufgehoben, sein Aufgabenkreis ging an das Departement des lnnern über. Die Leitung der Aussenpolitik übernahmen der Erste Landammann und der nur ihm verantwortliche Staatssekretär. Die zweite helvetische Verfassung vom 2. Juli 1802 schuf anstelle der vier Departemente fünf Staatssekretariate für Justiz und Polizei, innere Angelegenheiten, Kriegswesen, Finanzen und, den übrigen Ressorts wieder gleichgestellt, auswärtige Angelegenheiten. Das von den Föderalisten aufgelöste Kulturministerium wurde nicht wieder eingerichtet.»
[2] ASHR 4, 1044f.; Fankhauser, Andreas. Die Exekutive der Helvetischen Republik 1798–1803. Personelle Zusammensetzung, innere Organisation, Repräsentation, Studien und Quellen. Zeitschrift des Schweizerischen Bundesarchivs 12, 1986, 113–193; Fankhauser, Andreas. Die Zentralbehörden des helvetischen Einheitsstaates. Organisation und Funktionieren, in: Helvetik – Neue Ansätze, Itinera 15, Basel 1993, 35–49, 45.
[3] Fankhauser 1993, 40.
[4] Fankhauser 1993, 44.
[5] Fankhauser 1993, 41.
[6] Man suche in den digitalisierten Findmitteln und in den Artikeln von Fankhauser nach dem Wort «provisorisch»...; siehe auch die Passage über die provisorische oder definitive Anstellung von Guisan, CH-BAR#B0#1000/1483#742#1, p. 505-508 [PDF-S. 630-633].