Die Division III «Génie, Ponts et Chaussées» im Kriegsministerium

Mit der Verfassung von 1798 wurde das Strassenwesen zur zentral verwalteten Staatssache. Es war ein absolutes Novum in der schweizerischen Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, dass eine übergeordnete staatliche Ebene für das Strassenwesen verantwortlich sein sollte. Vorbild dazu war Frankreich mit seinen zentral verwalteten Hauptstrassen, seinen Ausbildungsstätten und seiner Administration des Ponts et Chaussées.[1]

Das Strassenwesen war anfänglich für eine kurze Zeit beim Ministerium der Künste und Wissenschaften angesiedelt. So war das in der ersten helvetischen Verfassung vom 12. April 1798 im Paragraphen 84 festgelegt: «Es sind vier Minister: derjenige der auswärtigen Geschäfte und des Kriegswesens; derjenige der Rechtspflege und der Polizei; derjenige der Finanzen, des Handels, des Ackerbaus und der Handwerke; derjenige der Wissenschaften, schönen Künste, öffentlichen Gebäude, Brücken und Straßen.»[2]

Bei der genaueren Festlegung der Zuständigkeitsbereiche am 2. Juli 1798 wurde das Strassen- und Brückenwesen zusammen mit der Strassenpolizei vom Ministerium der Künste und Wissenschaften weg dem Kriegsministerium übertragen.[3] Das lag durchaus in der Logik der alten Verbindung von Génie civile und Génie militaire. Allerdings blieb der Posten des Kriegsministers zunächst noch unbesetzt. Erst am 15. Oktober 1798 wurde Nicolas Simon Pierre Repond zum Kriegsminister ernannt.[4] Es war darum immer noch der Minister der Künste und Wissenschaften Philipp Albert Stapfer, an den sich das Direktorium am 31. August 1798 mit dem Auftrag wandte, so bald als möglich zwei Personen vorzuschlagen, denen die Aufsicht über die Brücken und Strassen anvertraut werden könnte, den einen für den deutschen, den andern für den französischen Teil der Republik.[5] Am 6. September 1798 beschloss das Direktorium aufgrund des Berichts von Stapfer, im «Bureau de la Guerre» eine «Division des Ponts et Chaussées» einzurichten und mit zwei «commis inspecteurs» zu besetzen.[6] Als ein solcher Commis Inspecteur begann Jean Samuel Guisan zunächst als einer von drei Angestellten des Kriegsministeriums. Er wurde bis Mitte 1801 zur zentralen Figur des helvetischen Strassenwesens. Neben ihm war Johannes Feer von Zürich als deutschprachiger Commis Inspecteur vorgesehen. Dieser lehnte jedoch ab; er blieb auf seinem Posten als Architekt des Grafen von Sachsen-Meiningen.[7] Damit rückte Guisan zum faktischen Chef auf, was sich dann auch im entsprechenden Titel und mit Beschluss des Direktoriums vom 26. April 1799 auch im militärischen Rang eines «Chef de Brigade dans le Corps du Genie de l’armée helvétique» niederschlug.[8] Er leitete in der Folge die Strassen- und Brückengeschäfte der ganzen Republik.

Die Organisation des Kriegsministeriums und der Aufbau einer Strassenverwaltung erfolgten gleichzeitig. Am 1. November 1798 schlug der Kriegsminister dem Direktorium folgende Organisation des «Bureau» de la Guerre vor:

  1. Division: Organisation générale & mouvement des Troupes
  2. Division: Administration générale & entretien de l’Armée
  3. Division: Génie
    1. Sektion: Architecture militaire
    2. Sektion: Ponts et Chaussées
    3. Sektion: Travail géografique: Travail, correction et depot des cartes générales et particulières de l’Helvétie et de ses etablissemens militaires
  4. Division: Artillerie

Im Frühjahr 1800 reichte Kriegsminister Lanther der Commission Exécutive einen Bericht ein, in dem er die in seinem Büro Beschäftigten mit Namen und Lohn auflistete. In dieser sind die vier Divisionen von 1798 bestätigt. Neu kam als fünfte Division die «Administration générale» hinzu.

Gemäss dieser Angaben bestand das Kriegsministerium inklusive Kriegsminister aus 27 Personen.[9]

Die von Lanther gemachten Angaben wurden im «Almanach national-helvétique pour l’an MDCCCI» im Wesentlichen bestätigt. Gemäss Almanach war das «Bureau de la Guerre» Ende 1800 wie folgt organisiert:

Ière Division. Organisation de l’armée

IIde Division. Comptabilité

IIIe Division. Génie, Ponts et Chaussées

IVe Division. Artillerie

Ve  Division. Administration générale

Secrétariat

Die personelle Zusammensetzung der Division III war damals: Jean-Samuel Guisan als Inspecteur général des Ponts et Chaussées, gewählt 1798; Louis Kupfer[10] von Bern, gewählt 1799, und S. R. Weibel von Bern, gewählt 1800.[11]

Neben der Abteilung im Kriegsministerium bestand mindestens zeitweise auch eine «Commission betreffend den Strassenunterhalt überhaupt», die der Senat im November 1798 einsetzte. Dieser gehörten die Senatoren Wilhelm Haas, Hans Conrad Escher, Urs Peter Joseph Cartier, Wyder und François Louis Bourgeois an. Der Zusammenhang ihrer Entstehung lässt darauf schliessen, dass die Kommission mit der Neuorganisation des Strassenwesens befasst war, nachdem ein Gesetz vom 26. November 1798 entschieden hatte, «dass alle Gemeinden Helvetiens, denen bisher die Besorgung der Strassen oblag, dieselben ferner unterhalten und besorgen sollen, bis ein allgemeines Gesetz über die Besorgung der Strassen in ganz Helvetien abgefasst sein wird».[12] In den bearbeiteten Quellen tritt die Kommission nur einmal, in den Beratungen der Missstände im Strassenwesen vom 22. Oktober 1799 hervor.[13]

 



[1] Petot, Jean. Histoire de l’administration des ponts et chaussées. 1599–1815, Paris 1958. 

[2] ASHR 1, Nr. 2, 581.

[3] ASHR 2, Nr. 80, 467–471; Fankhauser, Andreas. Die Zentralbehörden des helvetischen Einheitsstaates. Organisation und Funktionieren, in: Helvetik – Neue Ansätze, Itinera 15, Basel 1993, 39.

[4] Fankhauser, Andreas. Die helvetische Militärorganisation. Absichten und Probleme, in: Simon, Chriatian; Schluchter, André (Hg.). Dossier Helvetik – Dossier Helvétique, Bd. 1, Souveränitätsfragen, Militärgeschichte, Basel und Frankfurt a. M. 1995, 52.

[5] ASHR 15, Nr. 2016a, 842f. Gemäss der Herausgeber der ASHR habe der Minister Abram-Henri Exchaquet von Aubonne vorgeschlagen.

[6] CH-BAR#B0#1000/1483#1482, fol. 36.

[7] CH-BAR#B0#1000/1483#3144#1, fol. 29 [PDF-S. 35]. Das Direktorium fällte diesen Entscheid am 27. Oktober 1798; siehe auch: ASHR 15, Nr. 2016b, 842. «Feer» wurde auch «Fehr» geschrieben.

[8] CH-BAR#B0#1000/1483#742#1, 245-246 [PDF-S. 367-368].

[9] BAR#B0#1000/1483#506#1, p. 369.

[10] Kupfer wechselte später in die Sektion Zölle und Mauten des Finanzministeriums.

[11] Almanach national-helvétique pour l’an MDCCCI, par le Citoyen Hoffmeister, Secrétaire du bureau de la Guerre, Lausanne 1801, 32ff.

[12] ASHR 3, Nr. 108, 643f.

[13] ASHR 5, Nr. 64, 159f.